20 Mal da-da-da: kreative Synergien
Seit 2019 unterstützen wir das Netzwerk-Event »da-da-da« der Kommunikationsdesigner von »MM, M«. Für die 20. Ausgabe am 11. Oktober sind Philipp und Lukas von Bunkhouse Film als kreative Gestalter eingeladen. Das haben wir als Anlass genommen, sowohl mit der Besatzung des Grafikbüros als auch mit Philipp und Lukas zu sprechen.
Für die »da-da-da«-Jubiläumsausgabe am 11. Oktober im Atelier von »MM, M« sind Philipp und Lukas von Bunkhouse Film als kreative Gestalter eingeladen. Um was es bei ihrem Projekt konkret geht, verraten euch die beiden im Interview. Außerdem nutzen wir den anstehenden runden Geburtstag, um mit Martha, Muriel und Manuel von »MM, M« unter anderem über die Relevanz von »da-da-da«, ihre Intention für diese Reihe und den Impact von Kreativschaffenden auf die Stadtentwicklung zu sprechen.
Fragen an Philipp & Lukas:
Dock 11: Könnt ihr uns Bunkhouse Film kurz vorstellen? Erzählt uns gerne, wie Bunkhouse Film entstanden ist und was eure Arbeit besonders auszeichnet.
Phil/ Lukas: Bunkhouse Film wurde 2010 von Philipp Majer als Produktionsfirma für Dokumentarfilme gegründet. Im Jahr 2020 kam der Dokumentarfotograf Lukas Ratius hinzu. Seit dem arbeiten wir immer wieder für unterschiedliche Bewegtbildprojekte zusammen, aber jeder verfolgt auch weiterhin seine eigenen Projekte. Grundsätzlich haben wir beide ein aufrichtiges Interesse an den persönlichen Lebensgeschichten von ganz unterschiedlichen Menschen. Das bildet eigentlich die Grundlage unserer gemeinsamen Arbeit. Darüber hinaus teilen wir eine ähnliche Vorstellung, was die visuelle Ästhetik angeht und die Art und Weise, wie wir Geschichten erzählen wollen.
Dock 11: Worum geht es konkret in eurem neuesten Filmprojekt für das Netzwerk-Event »da-da-da« am 11. Oktober, was erwartet die Gäste an diesem Abend?
Diese gesammelten Ausschnitte bilden die Grundlage der Ausstellung und vermitteln individuelle Perspektiven aus unterschiedlichen Lebensrealitäten, die in direkter Nachbarschaft stattfinden und so die Vielfalt und Lebendigkeit eines Stadtquartiers ausmachen.
Phil/ Lukas: Diesmal handelt es sich nicht um ein wirkliches Filmprojekt. Eigentlich arbeiten wir für das Ausstellungskonzept Block Party als Verwalter und Kuratoren einer Sammlung oder eines Archives, das wir durch die Teilnahme der Protagonist:innen erstellen konnten. Wir haben interessierte Personen, die ihr tägliches Leben in ganz unterschiedlicher Weise und aus ganz verschiedenen Gründen um die Großherzog-Friedrich-Straße in Saarbrücken verbringen, darum gebeten, ihren Alltag selbst mit Fotos und Videos zu dokumentieren und sichtbar zu machen. Diese gesammelten Ausschnitte bilden die Grundlage der Ausstellung und vermitteln individuelle Perspektiven aus unterschiedlichen Lebensrealitäten, die in direkter Nachbarschaft stattfinden und so die Vielfalt und Lebendigkeit eines Stadtquartiers ausmachen.
Den Abend selbst verstehen wir in erster Linie als Einladung, gemeinsam die Diversität der Anwohner:innern zu feiern. Und das in einer Zeit, in der rassistische, reaktionäre und faschistische Akteur:innen versuchen, die Deutungshoheit über das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland zu beanspruchen. Neben der Ausstellung der entstandenen Fotografien und Videoarbeiten wird es ein kleines Programm geben, das ebenfalls unterschiedliche Perspektiven aus der Gegend um die Straße zu Wort kommen lässt.
Dock 11: Was sind für euch die besonderen Vorteile, die aus der Kombination unterschiedlicher kreativer Disziplinen, wie der Zusammenarbeit mit Designer:innen entstehen?
Phil/ Lukas: Es macht immer Sinn, wenn sich Expert:innen verschiedener Disziplinen zusammentun. Zum einen profitiert das finale Produkt, sei es ein Film, ein Buch oder eine Ausstellung, von unterschiedlichen Blickwinkeln aus den unterschiedlichen Metiers. Andererseits kann man auch selbst von der Beobachtung der Herangehensweise anderer Handwerker:innen lernen und Prozesse in die eigene Arbeit mit aufnehmen.
Dock 11: Wie beeinflusst eurer Meinung nach die Kreativwirtschaft die sozioökonomische, aber auch kulturelle Entwicklung von Stadtquartieren? Welche Relevanz haben Kreativschaffende für die Dynamik, die Lebendigkeit und auch für das Image eines Stadtquartiers, und wie können sie zur Lebensqualität und zum kulturellen Austausch vor Ort beitragen?
Phil/ Lukas: Eine komplizierte Frage, die sich hier nicht kurz beantworten lässt. Schaut man sich aber beispielsweise Berlin mit seiner Geschichte der genutzten Freiräume seit spätestens dem Mauerfall an, wird hinsichtlich der andauernden Gentrifizierung auch eine besondere Verantwortung sichtbar, in der sich die sogenannten Kreativen befinden. Gerade wenn es darum geht, sich in Vierteln mit Ateliers und Büros niederzulassen, die mit sozialökonomischer Benachteiligung zu kämpfen haben und daher auf Grund der geringen Mieten oft attraktiv für Künstler:innen erscheinen. In der Folge können Prozesse in Gang gesetzt werden, die durch wachsende Attraktivität langfristig meist den Anstieg von Mieten und Spekulation mit Wohnraum mit sich bringen und Faktoren begünstigen, die schließlich Vertreibung bedeuten können. Daher kommt es wohl auf das Interesse und das Engagement der Kreativschaffenden gegenüber ihrer Nachbarschaft an, wie sehr diese sich beeinflusst lässt. Die bloße Anwesenheit ist wohl nicht ausreichend.
Fragen an MM,M:
Wir wollten einen Kunstraum bieten, der ohne Schwellen daherkommt: Einen Raum für Alle.
Dock 11: Könnt ihr uns die ursprüngliche Vision und Motivation darlegen, die euch zur Gründung der »da-da-da«-Reihe inspiriert hat? Habt ihr dabei besondere Zielgruppen im Blick oder seid ihr da branchenoffen?
Martha/ Muriel/ Manuel: Wir haben damals »da-da-da« gestartet, um in dem Viertel, in dem wir jeden Tag arbeiten, aktiv etwas zu gestalten. Hinzu kam, dass sich unser großes Schaufenster mit reichlich Laufpublikum und in Sichtweite der Saarbahn gut dazu eignet, um darin »etwas auszustellen«. Wir wollten Sichtbarkeit schaffen – sowohl für uns, vor allem aber für unsere Freund:innen, Kolleg:innen und Kunstschaffende, mit denen wir zusammengearbeitet haben. So kam eines zu anderen, um im Sommer 2016 konnten wir zum ersten »da-da-da« einladen. Damals war die Ausstellungseröffnung parallel zum Viertelfest und es war ziemlich heiß! Ein toller Abend! Mit Joni Marriott, die unser erster Gast war, arbeiten wir heute noch gerne zusammen.
Motiviert hat uns immer, Kunst und Kultur im Alltag fest zu verankern. Sichtbar zu machen und den Leuten zu zeigen. Wir wollten einen Kunstraum bieten, der ohne Schwellen daherkommt: Einen Raum für Alle. Dass wir auf diese Weise auch unsere Kolleg:innen und Freund:innen, damals vor allem noch aus dem Umfeld der HBKsaar, im Saarbrücker Stadtbild zeigen können, freut uns natürlich besonders!
An den Ausstellungsabenden trifft sich eine bunte Mischung aus Kultur- und Kunstschaffenden, unseren Nachbar:innen und Freund:innen von Freund:innen. Zu Beginn war der Kreis natürlich auf unsere eigenen Bubbles fokussiert, inzwischen ist das anders: »Man trifft sich«.
Die Eröffnungsabende sind ungezwungen, sie eignen sich super zum Netzwerken. Leute, die auf dem Weg in die Stadt sind, bleiben stehen und schließen sich an.
Dock 11: Bereits seit acht Jahren gibt es euer Netzwerk-Event – das ist eine beeindruckende Leistung! Was glaubt ihr, macht die »da-da-da«-Reihe so besonders und attraktiv, welche Faktoren tragen dazu bei, dass die Eventreihe sich zu einem festen Bestandteil der kreativen Szene in der Region entwickeln konnte?
Martha/ Muriel/ Manuel: Wir zeigen ein relativ breites Spektrum an Positionen und haben von Studierenden der HBKsaar bis hin zu etablierten, überregional aktiven Kunstschaffenden schon viele Ausstellungen realisiert. Zum Beispiel 2018 mit Eric Schwarz, der mittlerweile als Comic Artist in Paris lebt oder 2022 mit François Schwamborn, der aktuell eine Ausstellung in der Modernen Galerie des Saarlandmuseums zeigt.
Die Eröffnungsabende sind ungezwungen, sie eignen sich super zum Netzwerken. Leute, die auf dem Weg in die Stadt sind, bleiben stehen und schließen sich an. Andere freuen sich mit uns schon im Vorraus und notieren sich das Event dick im Kalender. Bei »da-da-da« handelt es sich um einen kreativen Ort, an dem sonst gearbeitet wird. Zwischen der Kunst stehen unsere Büromöbel, Bücher und Schränke. Wir glauben, dass so einfach eine interessante Atmosphäre entsteht!
Dazu, dass wir nun zum zwanzigsten Mal eine Ausstellung realisieren können hat sicher auch beigetragen, dass wir »am Ball« geblieben sind und über einen langen Zeitraum hinweg konstant etwas gemacht haben. Selbst in der Corona-Zeit haben wir zu »VOILÀ« – dem Schwesterevent von »da-da-da« – das Bremer Kunstkollektiv Zefak zu einer Residency eingeladen. Das hat sich ausgezahlt.
Dock 11: Wie wirkt sich die Präsenz eurer Ateliergemeinschaft und die regelmäßige Durchführung der Events auf euer direktes Umfeld, zum Beispiel eure Nachbarschaft aus? Anders gefragt: Wie nehmen die Anwohner:innen oder lokale Akteure die Events, aber auch eure Präsenz wahr, und gibt es vielleicht sogar eine besondere Form der Interaktion oder Zusammenarbeit?
Martha/ Muriel/ Manuel: Die letzte Arbeit, die »Großherzoginnen-Gärten« von Julia Rabusai, hat in unserer Nachbarschaft für viel Gesprächsstoff gesorgt. Jeden Tag sind Passant:innen stehen geblieben, um sich die Arbeit anzusehen – da die Arbeit ihr eigenes Stadtquartier thematisiert, sind sie natürlich besonders involviert. Das Thema kam an, alle würden sich über mehr Grün im Viertel freuen.
Anlässlich der »Großherzoginnen-Gärten« waren wir auch zu Besuch beim Parkbeet e. V. in der Halle 4, die wir auch von unserem Hinterhof aus erreichen. Vor einigen Jahren haben wir zur Ausstellung »to do, to ear« von Peter Strickmann ein Konzert mit der Gruppe Spemakh organisiert, in der einige unserer Nachbarn tätig waren. Es ist immer schön, wenn man sich sieht!
In der kommenden Ausstellung arbeiten Lukas und Philipp (Bunkhouse) unter anderem mit dem Verein Haus Afrika und dem Ordnungsamt zusammen. Beide haben ihren Sitz nicht weit von unserem Büro. Wir sind schon darauf gespannt, was uns am Eröffnungsabend erwartet!
Bei uns im Quartier gibt es wirklich viel Potenzial, für mehr Zusammenarbeit – das wollen wir in Zukunft noch mehr nutzen.
Dock 11: Durch den Hinterhof gelangt man direkt zum Coworking Space Halle 4 und dem Game Hub Saar. Im Hof auf der anderen Seite gibt es das »Buckblech«, tagsüber Schlagzeugbeckenmanufaktur, abends Konzertort. Euer Standort ist damit Teil eines wachsenden kreativen Ökosystems. Welche Möglichkeiten und Synergien seht ihr durch die räumliche Nähe und Vernetzung mit anderen Kreativschaffenden und Unternehmen? Und welches Potenzial könnte dieser Kreativ-Hotspot für die Dynamik, das Image und die Attraktivität des gesamten Stadtquartiers eurer Ansicht nach stecken?
Martha/ Muriel/ Manuel: Ihr habt es ja schon in der Frage formuliert – es ist ein wachsendes Ökosystem, das sich stetig weiterentwickelt. Jetzt, wo in der letzten Ausstellung von Julia Rabusai und in der kommenden Edition von Bunkhouse unser Stadtviertel direkt thematisiert wird, kommt der Nachbarschaftsapekt noch einmal besonders zu tragen. Wie gesagt, waren wir im Mai mit Julia Rabusai und unserem kompletten Publikum zu Gast beim Parkbeet e. V. auf dem Dach der Halle 4.
Bei uns im Quartier gibt es wirklich viel Potenzial, für mehr Zusammenarbeit – das wollen wir in Zukunft noch mehr nutzen. Vielleicht können wir darauf auch zukünftige Ausstellungen aufbauen. Wir sind jedenfalls gespannt, wie sich unser Quartier weiterentwickelt. Wir freuen uns schon auf viele weitere Ausstellungen im und für unser Viertel.
Dock 11: Lieber Philipp, lieber Lukas, liebes Team von MM,M, danke für eure Einblicke! Wir freuen uns auf eure 20. Ausgabe am 11. Oktober 2024!
Das Interview führten die Dock 11 Teammitglieder Lara und Rainer
Weitere Informationen über das Grafikdesignbüro »MM, M« und Bunkhouse findet ihr auf deren Website.
Hier findet ihr übrigens alle Infos zur 20. Ausgabe am 11. Oktober:
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