Ein roter Faden für die Welt
Die Erfolgsgeschichte eines Taschenkalenders Made in Saarbrücken
Ein konspiratives Lächeln und ein anerkennendes „Ah, ein Roter Faden“ immer gefolgt von so etwas wie: „Ich liebe meinen auch so sehr!“ – solche Augenblicke erlebte ich in den vielen Jahren, die ich mit meinem Taschenbegleiter schon verbracht habe, immer wieder. Taschenbegleiter sind Kalendersysteme, mit deren Hilfe Struktur in die Zettelwirtschaft kommt. Aber nicht nur in saarländischen Taschen tummeln sich die Roten Fäden. Dank des Online Shops und rund 60 Papeterien, Buchläden und Concept Stores findet sich die einstige Diplomarbeit von Beate Mangrig auf vielen Schreibtischen, weltweit. Das kleine Ladengeschäft in der Rosenstraße konnte sich jetzt endlich vergrößern und damit ist es für uns höchste Zeit, mal einen Blick auf diese Erfolgsstory zu werfen. Dazu wechselten wir ein paar Worte mit Beate Mangrig, der Designerin und Gründerin von ROTERFADEN.
Dock11: Liebe Beate, schön, dass du dir die Zeit für ein Gespräch nimmst. Seit 13 Jahren gibt es ROTERFADEN jetzt schon. Ein beachtlicher Zeitraum für ein Kalendersystem. Was glaubst du, macht eure Taschenbegleiter so erfolgreich?
Beate: Ich glaube, es ist die Freiheit, alle Hefte und gebundenen Papiere einklammern zu können. Man ist nicht, wie bei andere Anbietern, auf Sonderformate, Sonderlochungen oder anderes beschränkt. Ein Schülerkalender, Reisepass, gefalteter DIN A4-Ausdruck, Hefte anderer Hersteller … alles passt hinein. Ich habe oft gehört: »So was habe ich schon immer gesucht!«
»Klack« – Und er liegt wieder in der Falz
Der zweite Grund ist sicherlich das easy Handling. Mit einer Fingerspitze hebt man so einen Klammerbügel hoch. Bügel wieder herunter lassen. »Klack«, liegt er wieder in der Falz und dient in der aktuellen Doppelseite auch als Lesezeichen. Der dritte Grund mag sein, dass man den eigenen TASCHENBEGLEITER schon immer selbst gestalten konnte. Das ist sehr verlockend und es entstehen täglich neue Unikate.
Dock11: Ihr führt ja nicht nur Taschenbegleiter. Mit der Zeit kamen ja auch immer mehr Hüllen und Taschen für Smartphones, Tablets und Laptops dazu. Welche Produkte machen denn mittlerweile den Löwenanteil eurer Produktion aus?
Beate: Der Taschenbegleiter ist unser Löwe. Er hat ein sehr deutliches Alleinstellungsmerkmal. Neue Produkte entstehen, weil sie von Kunden (mehrfach) gewünscht wurden. Zum Beispiel haben sich immer wieder Lehrer einen ROTERFADEN Lehrerkalender gewünscht. Wir haben unsere Angst vor den Lehrern überwunden und in Kooperation mit verschiedenen Lehrern eine Lösung entwickelt.
Auch Hebammen lieben den Roten Faden
Die Kooperation mit der Firma WELEDA entstand ebenfalls auf Anfrage. Jährlich entsteht der Hebammenkalender, der von WELEDA und ROTERFADEN vertrieben wird. Selbstständige Hebammen verwalten nicht nur Termine, sie führen Listen und viele verwenden Karteikarten. Sie lieben den Taschenbegleiter.
Dock11: Von Anfang an legt ihr großen Wert auf Nachhaltigkeit. Das fängt bei der umweltschonenden Verarbeitung des verwendeten Leders an, geht über die Verwendung von recycelten Materialien wie dem Drucktuch und auch bei der Verpackung arbeitet ihr plastikfrei. Was glaubst du, welchen Anteil haben diese Entscheidungen, die du ja schon sehr früh getroffen hast und seither konsequent durchziehst, am wirtschaftlichen Erfolg eures Unternehmens?
Beate: Diese Auswertung ist wohl nicht möglich. Ich handle privat und beruflich einfach nach meinen Werten und bin dankbar, dass die daraus resultierenden Entscheidungen von unseren Kunden wertgeschätzt werden.
2015 erschien die Dokumentation »Die Wiederentdeckung der Manufakturen« im ZDF. ROTERFADEN war einer von 20 vorgestellten Betrieben in Südwestdeutschland. Wir wurden für unsere traditionelle Fertigungsweise und den Fokus auf die Qualität gelobt. Taschenbegleiter sehen nach 10 Jahren noch top aus. Ein Kunde sagte mal, wir schafften uns selber ab, weil jeder den TASCHENBEGLEITER ja nur einmal kaufen. Macht nix: Dann suchen wir uns neue Projekte. Wir fertigen zu 100% in Deutschland und zu einem großen Teil im Saarland, was ebenfalls sehr nachhaltig ist.
Von der Diplomarbeit zum erfolgreichen Business
Dock11: Der Taschenbegleiter war 2006 das Ergebnis deiner Diplomarbeit zum Thema „Kalender“. Hast du dir damals träumen lassen, dass dieses Diplomarbeitsthema sich so entwickeln wird?
Beate: Nein. Aber nach der Entwicklung des TASCHENBEGLEITERS waren auch Namensgebung und Corporate Design bereits Teil meiner Diplomarbeit. Es wurde während der Diplomphase klar, dass es weitergehen wird. Das Feedback war von Anfang an sehr gut.
Dock11: Von welchen Deiner Eigenschaften glaubst du, dass sie absolut notwendig waren und sind, um dieses Unternehmen aufzubauen und so lange erfolgreich zu führen?
Beate: Ein ehemaliger Arbeitgeber sagte mal, es gäbe wohl zwei Sorten von Menschen: Selbständige und Menschen, welche lieber Angestellte sind. Sollte das stimmen, gehöre ich zur ersten Sorte.
Was ich hier auch antworten möchte. Es war auffällig, wie oft gesagt wurde »… dass du dich das GETRAUT hast«. Man kriegt in der Schule nicht unbedingt beigebracht sich zu trauen. Das wäre aber schön. Selbstvertrauen und eine gewisse Leichtigkeit sind gute Begleiter.
Gründen würde ich wieder
Dock11: Eine Gründung und Unternehmensführung sind sicherlich nicht immer einfach. Gab es bei dir Momente, in denen du die Entscheidung bereut hast oder hinschmeißen wolltest?
Beate: Nein, solche Momente gab es nicht.
Dock11: Wenn du heute ein Resümee ziehen und die Entscheidung noch einmal fällen müsstest: Würdest du ROTERFADEN noch einmal gründen?
Beate: Nein, ROTERFADEN ist einmalig. Aber gründen würde ich wieder.
Dock11: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Tanja Begon