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Best Practice

Green Culture Offensive Saarland: mit der KKW zu nachhaltigerer Kultur

Mit einer Auftaktkonferenz startete Ende Mai die Green-Culture-Offensive für das Saarland. Mittlerweile wurden ein Runder Tisch eingerichtet und erste Workshops veranstaltet. Wir sprachen mit Dr. Anne Norekian, Leiterin des Referats F3 im Ministerium für Bildung und Kultur über die ersten Schritte der Green Culture Offensive, welche Relevanz die KKW beim Thema Nachhaltigkeit besitzt und darüber, dass nachhaltiges Handeln nicht automatisch Verzicht und Verbot bedeutet.

»Nicht alles, was Nachhaltigkeit begünstigt, braucht zusätzliche Mittel.«

Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft haben die große Chance, eine nachhaltigere Welt mitzugestalten. Sie können sowohl durch Vermittlungsarbeit, durch interdisziplinäre Lösungsansätze als auch aktives Mitgestalten einen relevanten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Dies ermöglicht es ihnen nicht nur, die Bevölkerung zu sensibilisieren, sondern auch als Vorbild für umweltfreundliche Praktiken zu dienen. Aus diesem Grund haben Mitarbeiter:innen des saarländischen Ministeriums für Bildung und Kultur die Green Culture Offensive Saarland gestartet. Mit einem fortlaufenden Runden Tisch und Workshops möchte das Ministerium saarländische Kultur- und Kreativakteure bei ihrem nachhaltigen Handeln unterstützen und somit auch die Vorbildfunktion des Sektors stärken. Unsere Fragen beantwortete Dr. Anne Norekian stellvertrtetend für ihr Team.

Dock 11: Liebe Frau Dr. Norekian, danke, dass Sie sich die Zeit für unsere Fragen nehmen! Der kommende Runde Tisch ihrer Initiative findet am 22. November statt. Wie ist die bisherige Resonanz nach der Auftakt-Konferenz, dem ersten Runden Tisch und den ersten beiden Workshops? Wie stellt sich die Teilnehmendenstruktur dar?

Dr. Anne Norekian: Die in den Referaten F3 und F1 der Kulturabteilung geborene Initiative ist direkt auf sehr gute Resonanz gestoßen, das hat uns sehr gefreut.
Bei der Green-Culture-Konferenz des Kulturministeriums im Mai konnten wir 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen, die Themenworkshops waren alle gut besucht, die Diskussionen im Anschluss waren lebhaft und wir merkten, dass einige Kulturakteure schon sehr weit sind und das Interesse an einer Vernetzung groß. Zusammen mit dem Netzwerk Entwicklungspolitik, der ARGE Solar, dem ADFC und der Arbeitskammer haben wir Fortbildungen organisiert zu nachhaltigen Veranstaltungen und zur nachhaltigen Organisationsentwicklung – zu diesen Themen wurde bei der Konferenz und dem ersten Runden Tisch besonderer Bedarf geäußert. 
Die Beteiligung war insgesamt recht breit und reichte von Einzelkünstlerinnen und -künstlern über kleinere Einrichtungen bis hin zu den großen »Flaggschiffen« wie der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und dem Saarländischen Staatstheater und unterschiedlichen Ebenen, z.B. Umweltbeauftragte, Orchester, Schauspiel, Leitungsebene, aber auch Betriebsrat.

Wir möchten alle ansprechen, die sich dem Kultursektor verbunden fühlen.


Dock 11: Wer kann denn an den regelmäßigen Runden Tischen sowie den zukünftigen Workshops teilnehmen? Spricht Green Culture auch explizit die Akteure aus der Kreativwirtschaft an, die ja insbesondere für die Sichtbarmachung der Thematik, aber ebenso für innovative Lösungen rund um Nachhaltigkeit und Circular Economy prädestiniert sind? Wohin können sich Interessierte wenden?

Dr. Anne Norekian: Unser Team im Kulturressort hat bewusst keine Grenzen gesetzt und wir möchten alle ansprechen, die sich dem Kultursektor verbunden fühlen.
Wir möchten für die uns alle betreffende große Herausforderung sensibilisieren und einen unterstützenden Rahmen schaffen. Der Kultursektor ist auf verschiedenen Ebenen betroffen, u.a. als Energieverbraucher. Zugleich verfügen Kulturschaffende und Kreative über die Möglichkeit, mit ihrer eigenen Arbeit den Bewusstseinswandel voranzutreiben. Die Kreativwirtschaft kann insbesondere mit innovativen Produkten und bei der öffentlichen Wirkung unterstützen. Das ist ein Vorteil und den sollte man gemeinsam nutzen.
Interessierte können sich gerne unter der E-Mail-Adresse nachhaltigkeit[at]kultur.saarland.de melden, um in unseren Verteiler aufgenommen zu werden.

Dock 11: Gibt es aus dem bisherigen Prozess denn bereits erste Erkenntnisse, was Kulturinstitutionen konkret tun können, um »grüner« zu werden? Sind Ihnen im Saarland Best Practice Beispiele bekannt, die Inspiration und Erkenntnisse liefern?

Wir wollen Mut machen, einfach anzufangen.

Dr. Anne Norekian: Das mag jetzt banal klingen, aber wir wollen Mut machen, einfach anzufangen. Manchmal sind es schon kleine Dinge und Grundentscheidungen, auf die es ankommt, sei es bei der Wahl eines Veranstaltungsortes oder der Uhrzeit, um eine Anfahrt mit ÖPNV zu ermöglichen, ein Bewusstsein zu schaffen beim Catering, sonstigen Beschaffungen etc.
Allgemein ist es insbesondere für größere Kultureinrichtungen angeraten, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, um den Fokus richtig zu setzen. Bei der Green-Culture-Konferenz haben wir Best-Practice-Beispiele aus verschiedenen Bereichen vorgestellt und so für Aha-Effekte gesorgt. Man braucht am Anfang keine perfekte Strategie, um voranzukommen. Optimal ist es, wenn eine Bottom-Up-Initiative auf einen Top-Down-Verbesserungswillen trifft.

Dock 11: Auf welche Weise können Kunst- und Kulturschaffende maßgeblich die Verbreitung und Umsetzung nachhaltiger Handlungsweisen sowie das große Ziel der Klimaneutralität in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik mitgestalten und vermitteln?

Dr. Anne Norekian: Seitens des Ministeriums sehen wir bei den großen Energieverbrauchern ein immenses Potenzial für Verbesserungen. Beim Saarländischen Staatstheater ist z.B. schon lange eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aktiv und das Theater hat sich an einem Pilotvorhaben der Kulturstiftung des Bundes zum CO2-Rechner beteiligt. Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte nimmt gerade an einem Beratungsprojekt teil. Die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz arbeitet gerade an einer Nachhaltigkeitsstrategie und will ihren Energieverbrauch künftig zumindest teilweise über eine eigene Photovoltaikanlage decken und ihre Beleuchtung umstellen. Auch die Hochschule für Bildende Künste erarbeitet gerade eine Nachhaltigkeitsstrategie.

Wir möchten empfehlen, sich umzuschauen und von anderen zu lernen.


Aber wir sollten die Wirkung aller einzelnen Akteure auf keinen Fall unterschätzen – jede und jeder sollte bei sich selbst anfangen, am besten noch heute. Natürlich hilft ein CO2-Rechner dabei, um zu sehen, wo die größten Verbräuche und damit die besten Ansätze für Verbesserungen sind, aber man kann auch vorher etwas bewirken. Wir möchten empfehlen, sich umzuschauen und von anderen zu lernen, im saarländischen Netzwerk, aber auch außerhalb, sei es branchenspezifisch oder -übergreifend.
Das Teilen von Material und Technik ist ein großes Thema, und über unsere Veranstaltungen haben bereits einige Menschen zusammengefunden. Wenn man einen Schritt weiterdenkt, bezieht man sein Publikum bzw. seine Auftraggeber:innen mit ein. Und die Kulturtreibenden können Nachhaltigkeit zusätzlich in ihrer künstlerischen Arbeit aufgreifen und beeinflussen, das können die meisten anderen Menschen in dieser Weise nicht.

Das Green-Culture-Team, von links nach rechts:
Dr. Katharina Smola, Dr. Anne Norekian (beide Referat F3), Eva Corino, Patrick Jungfleisch (Referat F1)

Dock 11: Viele Kulturakteure realisieren ihre Projekte unter angespannten finanziellen Bedingungen. Wie können diese dennoch zu einem nachhaltigen Arbeiten ermutigt werden, ohne dass sie Kompromisse in Bezug auf ihr Schaffen eingehen müssen? Wäre es Ihrer Meinung nach sinnvoll, hierfür gesonderte Mittel zur Verfügung zu stellen?

Dr. Anne Norekian: Wir haben den Eindruck gewonnen, dass es gerade im Kulturbereich bereits viele Menschen gibt, die sich aktiv auf verschiedensten Ebenen einsetzen. Eine Performerin oder ein Museum brauchen per se ein Publikum. Aber natürlich kann man durch die Wahl eines Ortes und Schaffung von Anreizen Zeichen setzen. Nicht alles, was Nachhaltigkeit begünstigt und fördert, braucht zusätzliche Mittel. Wir haben z.B. auch gesehen, dass die Energiekrise und die hohen Energiepreise den Prozess beschleunigt haben, Energieverbräuche zu prüfen und Möglichkeiten zur Steuerung zu nutzen.
Dabei möchten wir Unterstützung leisten. Für Fortbildungen und Beratungen gibt es teilweise bereits an anderer Stelle geeignete Angebote. Fallweise ist es gelungen, eine Förderung des Bundes zu vermitteln. Oft kommt es schlicht auf das »how to« an – hierbei helfen Netzwerke und Tipps Dritter. Wenn es gute Projektideen gibt, bieten wir uns gern als Kontaktstelle an.

Dock 11: Welche Partnerschaften und Kooperationen könnten zwischen kulturellem Sektor, Politik und Akteuren der Kreativwirtschaft mit ihren zahlreichen Kompetenzen wie Produktdesign, Kommunikation und Gestaltung geschaffen werden, um die Klimaziele zu erreichen?

Dr. Anne Norekian: Wir würden uns tatsächlich wünschen, dass hier die richtigen Menschen zusammenfinden, um den laufenden Prozess zu beschleunigen und Nachhaltigkeit schneller im Alltag aller zu verankern. Gerade z.B. bei der Ansprache des Publikums, durch Teilen von benötigter Ausstattung oder bei Produkten im Sinne der Kreislaufwirtschaft könnten sich viele Synergien ergeben.

Die Herausforderung der Klimakrise besteht auf beiden Seiten der Grenzen.

Dock 11: Das Thema Kooperation wird im Saarland ja nicht nur branchen- und spartenübergreifend gedacht, sondern auch international – hat doch das Saarland bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Frankreich und Luxemburg eine europäische Vorreiterrolle inne. Wie kann dieser enge Kontakt und Austausch auch auf den Bereich »Green Culture« ausgeweitet werden?

Dr. Anne Norekian: Bei unserer Green-Culture-Konferenz letzten Mai hatten wir bereits Kolleginnen und Kollegen aus der Großregion eingeladen und auch als Expert:innen in den Workshops vor Ort.  Umgekehrt sind Vertreter aus dem Saarland auch bei einer Nachhaltigkeitskonferenz der Großregion in Rheinland-Pfalz dabei gewesen, Hier steckt tatsächlich noch mehr Potenzial. Die Herausforderung der Klimakrise besteht auf beiden Seiten der Grenzen, entsprechend sind Maßnahmen überall gefordert und wir sollten die Aktivitäten gemeinsam fördern.

Dock 11: Herzlichen Dank für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke in Ihre Initiative!

Alle Interessierten können sich gerne an nachhaltigkeit[at]kultur.saarland.de wenden.

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