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Im Interview: Der Selfpublisher-Verband lädt zum Netzwerktreffen

Ab 2024 unterstützt Dock 11 die saarländischen Regionaltreffen des Selfpublisher-Verbandes und lädt alle Interessierten zur Teilnahme am ersten Netzwerktreffen am 16. Februar ab 18:00 Uhr in den Co:hub66 in Saarbrücken ein. Wir sprachen im Vorfeld des Events mit Tamara Leonhard, der 1. Vorsitzenden des Selfpublisher-Verbandes über diesen alternativen Weg des Publishings, die Leistungen des Verbandes und wer von einer Teilnahme an den Netzwerktreffen profitieren kann. Anmelden könnt ihr euch via Eventbrite.

Im Interview: Der Selfpublisher-Verband lädt zum Netzwerktreffen

Dock 11: Hallo Tamara, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst für unsere Fragen. Erzähle unseren Leser:innen doch kurz, was man eigentlich unter Selfpublishing versteht und wer zu den Selfpublishern in Deutschland zählt. Welche Vorteile bietet das Selfpublishing für Autor:innen im Vergleich zu traditionellen Verlagsveröffentlichungen? 

Tamara: Grundsätzlich gab es das Selfpublishing – also das Veröffentlichen von Büchern in Eigenregie – schon immer. Jedoch war dies früher sehr kompliziert und oft mit der Gründung eines Eigenverlags verbunden. Seit ungefähr 2011, als E-Books allmählich von der breiten Leserschaft entdeckt wurden, änderte sich das. Heute veröffentlichen immer mehr Autorinnen und Autoren verlagsunabhängig. Sie arbeiten mit sogenannten Distributoren zusammen, die ihre Bücher in die Shops bringen, und stellen sich für ein professionelles Produkt ihr eigenes Freelancer-Team aus Lektorin, Cover-Designer, Korrektor, Buchsetzerin etc. individuell zusammen. Das heißt, “self” bedeutet zwar, dass man alles selbst in der Hand hat, aber nicht, dass man alles allein macht. Selfpublisher sind Autor:in und Verleger:in in einem, müssen also auch unternehmerisch denken. Sie haben die Aufgabe und die Freiheit, alles zu entscheiden: Was sie schreiben, wann sie veröffentlichen, wie das Cover aussieht und so weiter. Im Verlag wird da vieles von oben entschieden. Insofern ist der Veröffentlichungsweg, den man wählt, einfach Typsache: Bin ich lieber “angestellt” oder “selbstständig” – mit allen Vorteilen und Risiken?

“self” bedeutet zwar, dass man alles selbst in der Hand hat, aber nicht, dass man alles allein macht

Dock 11: Welche Rolle spielen die Selfpublisher eigentlich auf dem deutschen Buchmarkt? Wie hoch ist der Marktanteil der Selfpublisher?

Tamara: Genaue Zahlen sind hier nicht immer ganz leicht, weil nicht alle Distributoren und Plattformen Zahlen veröffentlichen und es ja keine zentrale Stelle für alle Selfpublisher gibt. Aber sehr klar ist, dass es immer mehr werden, dass die Professionalität immer selbstverständlicher wird und dass auch der Anteil sogenannter Hybridautor:innen steigt, also jenen, die je nach Projekt mal im Verlag, mal unabhängig veröffentlichen. Somit wächst der Markt wieder mehr zusammen, die Grenzen verschwimmen.

Dock 11: Wie unterstützt ihr eure Mitglieder, insbesondere in rechtlichen Fragen und Vertragsangelegenheiten? Welche konkreten Angebote können eure Mitglieder noch in Anspruch nehmen?

Tamara: Der Zweck des Verbands ist die Förderung, Beratung und Vertretung der Interessen von Autor:innen im Selfpublishing. Das tun wir mit verschiedenen Ansätzen, unter anderem durch Weiterbildung, Vernetzung, Sichtbarkeit und Lobbyarbeit: 
Unsere Mitglieder haben beispielsweise Zugriff auf eine riesige Mediathek von Weiterbildungsprogrammen, die Themen zum Schreibhandwerk, Überarbeitung, Veröffentlichung und Marketing abdecken. Sie können regelmäßig an exklusiven Webinaren teilnehmen und erhalten Zugang zum viermal jährlich erscheinenden Fachmagazin »der selfpublisher«. 
Wir bieten zahlreiche Möglichkeiten, untereinander in Kontakt zu kommen, wie eben beispielsweise bei den Regionaltreffen, aber auch bei Online-Stammtischen und Events auf den großen Buchmessen wie Leipzig und Frankfurt. Dort können unsere Mitglieder auch ihre aktuellen Werke am Verbandsstand präsentieren, Meet & Greets abhalten und sich – sofern die Messe das anbietet – auf Lesungen bewerben.

Wir bieten zahlreiche Möglichkeiten, untereinander in Kontakt zu kommen, wie beispielsweise bei den Regionaltreffen, aber auch bei Online-Stammtischen und Events auf den großen Buchmessen

Zudem verstehen wir uns als Sprachrohr in der Buchbranche. Wir suchen Gespräche an Stellen, wo Selfpublisher gegenüber Verlagsautor:innen strukturell benachteiligt werden, kämpfen aber auch mit den Kolleg:innen für grundsätzliche Rechte. So ist der Verband etwa eines von 15 Mitgliedern im »Netzwerk Autorenrechte«.
Das sind nur ein paar von sehr vielen Punkten. Es kommen Vergünstigungen, Sonderaktionen und vieles mehr dazu.

Dock 11: Das Thema KI und die damit einhergehende Disruption ist ja derzeit in aller Munde. Ist das eine Entwicklung, die auch eure Mitglieder derzeit beschäftigt? Hilft der Austausch unter den Mitgliedern, angesichts der gewaltigen Veränderungen – sei es KI, Social Media oder immer ausdifferenzierte Distributionskanäle – up to date zu bleiben und einen Umgang damit zu finden? Unterstützt ihr in dieser Hinsicht auch als Verband?

Tamara: KI ist ein Riesenthema in der Branche, insbesondere jetzt, wo noch so vieles ungeklärt ist. Natürlich gibt es da ganz verschiedene Sichten, von denen, die neugierig sind und mit den neuen Technologien herumspielen, bis zu jenen, die dies komplett ablehnen. 
Als Vertreterin im NAR (Netzwerk Autorenrechte) habe ich einen eher kritischen Blick auf den Status Quo. Natürlich wird diese Technologie nicht mehr weggehen und hoffentlich bleibt menschgemachte Kunst weiter gefragt. Aber wichtig ist aktuell vor allem, dass es faire Regelungen für Urheber:innen gibt. 

Dazu soll etwa der AI ACT dienen, der zurzeit diskutiert und leider von einigen Ländern, darunter auch Deutschland, teilweise ausgebremst wird. KIs lernen anhand von Texten und Bildern, die einem Urheberrecht unterliegen. Oft wird dabei sogar auf Inhalte von Piraterieseiten zugegriffen! Wenn ich mir also einen Text oder ein Bild von einer KI generieren lasse, nutze ich (und monetarisiere vielleicht sogar) das geistige Eigentum meiner Kolleg:innen, ohne dass diese um Zustimmung gebeten, geschweige denn vergütet wurden, und das ist meines Erachtens nicht in Ordnung. 
Dass hier klare Regeln entstehen, dafür kämpft der Verband im NAR mit.

KI ist ein Riesenthema in der Branche

Unseren Mitgliedern liefern wir natürlich bestmöglich Updates und Informationen zu diesem oder anderen aktuellen Themen, etwa über unseren Blog, die Social Media Kanäle und den monatlichen internen Newsletter. 

Dock 11: Dock 11 möchte in Zukunft eure Netzwerktreffen unterstützen und einer erweiterten Zielgruppe, neben euren Verbandsmitgliedern, zugänglich machen. Dazu bieten wir euch unsere Räumlichkeiten im co:hub66 an und werden durch thematisch wechselnde Impulsvorträge zur Diskussion und zum Austausch anregen. Was denkst du, welche Vorteile durch Zusammenarbeit und die Stärkung von Netzwerken mit Kreativschaffenden anderer Branchen für eure Mitglieder entstehen? 

Tamara: Ich bin persönlich ein Riesenfan des Netzwerkens und dabei finde ich es auch wahnsinnig spannend, über den Tellerrand zu schauen, wie andere Kreative an Themen herangehen. Da ich selbst auch im Bereich Musik und Bühne unterwegs bin, habe ich schon oft die Erfahrung gemacht, dass es an vielen Stellen Überschneidungen gibt: Wie fängt man ein Projekt an? Was, wenn die Muse mal nicht will? Wie sieht es im Marketing aus? Im Zeitmanagement? Oder ganz banal bei den Steuern als freischaffende:r Künstler:in? Ich finde, da können wir doch in der Region so viel voneinander lernen, dass ich mich persönlich schon sehr darauf freue, aus der eigenen Bubble heraus zu schauen. Und wer weiß, was sich für spannende, disziplinübergreifende Kooperationen ergeben können!

Ich bin persönlich ein Riesenfan des Netzwerkens


Dock 11: Wir hoffen ja auf fruchtbare Austausche für beide Seiten des Teilnehmerfeldes. Für welche Kreativwirtschaftsbranchen schätzt du die Mehrwerte denn besonders hoch ein?

Tamara: Design und Text sind natürlich zwei Themen, die beim Buch zusammenkommen. Aber das ist längst nicht alles. Für Lesungen können viele Autor:innen eine Menge von Künstler:innen lernen, die in ihrem Bereich naturgemäß eher bühnenerfahren sind. Oder im letzten Jahr habe ich eine Lesung an einer Location gehalten, wo gerade eine Vernissage war – auch das war eine tolle Kombination. In der Pause gab es für das Publikum eine Menge zu bestaunen.

Dock 11: Liebe Tamara, vielen Dank für deine spannenden Einblicke in das Selfpublishing und euren Verband! Wir freuen uns sehr auf euer Regionaltreffen am 16. Februar im co:hub und laden alle Kreativschaffenden ein, vorbeizuschauen und zu netzwerken! 

Zur Teilnahme:

Egal aus welchem Bereich der Kreativwirtschaft ihr kommt, wir und der Verband freuen uns auf euer Kommen am 16. Februar ab 18 Uhr! Um besser planen zu können, bitten wir, euch kostenlos via Eventbrite anzumelden.

Zum Programm:

»Judging a book by its cover: Kreative Rezepte für gute Buchumschläge« – Impulsvortrag von Manuel Wesely

»Vor dem Schmökern kommt das Cover. Egal ob rundum bedruckte Taschenbücher oder gebundene Exemplare mit glänzenden Umschlägen — den Erstkontakt mit neuen Büchern machen wir oft über ihr Äußeres. Wer möchte schon ein Buch, das nicht gefällt? 
„All that glitters is not gold“ heißt, frei nach Shakespeare, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Wie viele Zutaten machen ein gutes Cover aus, wann wird es Kitsch und was ist das überhaupt, „ein schönes Cover“? Vor diesen Fragen standen schon die meisten Autor:innen und ihre Designer:innen. Wir gehen der Sache auf den Grund und schauen uns die tollen Cover an, die auf unseren Nachttischen liegen, und finden gute Rezepte für wunderbare Buchumschläge.«

Manuel Wesely

Foto: Benny Dutka

Manuel Wesely arbeitet als freier Grafikdesigner und Typograf in Saarbrücken. Gemeinsam mit Martha Bayer und Muriel Serf gründet er 2015 das Atelier für Grafikdesign und Typografie MM, M. Im Fokus ihrer Arbeit stehen Bücher, Identitäten, besondere Momente und visuelle Konzepte für Kunstschaffende und Partner:innen aus Architektur und Kultur. Seit 2023 ist Manuel Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Dort unterstützt er Atelierprojekte in den Lehrgebieten Grafikdesign und Typografie, gestaltet Hochschulpublikationen und berät Studierende im Themenfeld Professionalisierung.

Weitere Infos rund um die Kreativwirtschaft findet ihr in unserem Magazin.