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Oh my Goethe #2 – Ein Erfahrungsbericht

Oh my Goethe #2

Am vergangenen Wochenende gab es im Zuge der Cultural Entrepreneurship Academy die Möglichkeit, einerseits das Team des Goethe Instituts und andererseits die Teilnehmenden kennenzulernen. Bewerben konnten sich alle, die selbstständig in kreativen Bereichen wie Kunst, Musik, Buch, Film, darstellende Künste und ähnlichem tätig sind. Insgesamt haben sich fünf Teams meistens aus zwei Personen und vier Einzelpersonen aus Nancy und Deutschland beworben.

jungen Gründerinnen aus der Großregion ein Sprungbrett bieten

Am Freitagabend hat uns das Team des Goethe Instituts gegen 17 Uhr in der Bibliothek in Empfang genommen. In ungezwungener Atmosphäre mit einem leckeren Mirabellen-Cremant in der Hand konnten wir uns schon mal ein bisschen beschnuppern. Nach der offiziellen Begrüßung durch die Institutsleiterin Esther Mikuszies durften wir unsere Projekte vor der versammelten Mannschaft vorstellen. Die Unterschiedlichkeit der Ideen für Oh My Goethe#2« zeigte, wie viel Potential in den jungen Köpfen der deutschen und französischen Kreativszene steckt. Beispielsweise möchte ein Team junger Studierender aus Nancy ein Festival für Rap und Techno in dem alten Bergwerk in Forbach organisieren.

Jede Menge unterschiedliche Ideen bei Oh My Goethe#2

Die Jungs von »La Balladins« widerum, möchten mit dem Konzept eines »Social Circus« Workshops in Performance für Migranten und Geflüchtete anbieten. In »Urban Oasis« will Laura Partl die Stadt Nancy mit einer Kombination aus Urban Gardening und Urban Art in eine grüne und künstlerische Oase verwandeln. Aline Profit hat, ausgehend von ihrem Job als Agentin für Schauspielerinnen, die Idee, eine Onlineplattform aufzubauen. Hier sollen einerseits Performerinnen eine Bühne finden und andererseits kleine Theater der Offszene ihre Vakanzen eintragen können. Die Plattform bringt beide zusammen. Bei unseren ersten Pitches merkte man, dass manche Ideen noch nicht ganz ausgereift waren und dass es leichter gesagt als getan ist, zu erklären, um was es wirklich geht. Genau an diesen zwei Punkten sollten wir in den nächsten zwei Tagen arbeiten.

Oh My Goethe#2« zeigte, wie viel Potential in der deutschen und französischen Kreativszene steckt.

Der Samstag begann für uns entspannt. Alexandra Resch, die im Bereich „Culture and Climate Change“ des Goethe Institut München arbeitet, zeigte uns anhand von zwei Beispielen, dem »Ayada Lab« in West Afrika und dem libanesischen Projekt für Designer »FANTASMEEM« , wie das Institut ein internationales Netzwerk aus Kreativschaffenden aufbauen und den Austausch zwischen den Ländern ausbauen will. 

Hipster, Hacker und Hustler.

Das »Ayada Lab« ist ein ähnliches Projekt wie „Oh my Goethe“. Nur agiert das Institut dort auf internationaler Ebene. »Ayada Lab« operiert seit Juni 2019 auf dem afrikanischen Kontinent in den Ländern Elfenbeinküste, Kamerun, Nigeria, Senegal und Ghana. Die Verantwortlichen, afrikanische Entrepreneurs aus den jeweiligen Ländern, betreuen und vernetzen junge Kreative und helfen, ihre Idee zu einem funktionierenden Business aufzubauen. Man kann sich mit seiner Idee, die im Bereich Bildung, Kreativwirtschaft oder Nachhaltigkeit liegt, bewerben. In lokalen und regionalen Workshops soll dann der Prozess von Idee zu Start-up beschleunigt werden. Im April 2020 werden die Ergebnisse zu sehen sein.

where the magic happens

Danach starteten Moritz Hoffman und Linda Acevedo vom Straschegg Center for Entrepreneurship mit ihrem Vortrag zu Cultural Entrepreneurship. Entrepreneurship beschreiben sie als innovative Idee, hinter der eine starke Persönlichkeit oder ein Team steht, die nach einigem Trial and Error ihre Idee als Produkt auf dem Markt umsetzen. Dort, wo sich ein unerfüllter Wunsch der Menschen oder gesellschaftliches Problem mit einer brauchbaren Idee und einer technischen Durchführbarkeit treffen, »[…] that is, where the magic happens«, so Moritz.

Right, Rapid und Rough

Als soziokulturelle Entrepreneurin kennt man die Probleme der Gesellschaft und findet anschließend eine passende technische Lösung dafür. Diese muss dann der Gesellschaft kommuniziert werden, um auch zukünftig Erfolg zu haben. Dadurch kreiert man wirtschaftliche, aber in besonderem Maße soziale und kulturelle Werte. Moritz legte uns ans Herz, ein Team aufzubauen, bestmöglich aus Hipster, Hacker und Hustler. Denn als Gründer braucht man unterschiedliche Talente und nicht alles kann in Personalunion gestemmt werden.  Beispielsweise kennt der Hipster die Lebenswelten der potentiellen Kunden und weiß, was sie brauchen. Der Hacker überlegt sich, wie man es technisch umsetzt, und der Hustler kennt den Markt und weiß, wie rentabel und lebensfähig die Idee ist.

Gemeinsam arbeitet das Team auf den Knackpunkt eines jeden Innovationsprozesses hin

Gemeinsam arbeitet das Team auf den Knackpunkt eines jeden Innovationsprozesses hin: einen Prototyp des Produkts. »Right, Rapid und Rough« sollte er sein, also die richtige Methode nutzen, schnell und kostengünstig umsetzbar und gut genug sein, um zu sehen, ob die Idee funktioniert. Denn hier wird geprüft, getestet, verworfen und ummodelliert, bis das Produkt letztlich auf dem Markt lebensfähig sein kann. Beispielsweise wäre der Prototyp für die Jungs von »La Balladins« eine Website, die rudimentäre Funktionen ausführt und auf der erste Anmeldungen erfolgen könnten. Hier könnten sie erste Informationen zu ihren Workshops anbieten und mit Hilfe eines einfachen Buchungssystems könnten sie sehen, ob wirklich eine ernsthafte Nachfrage für Workshops für Migranten im Bereich Performance besteht.

Bildung, Kreativwirtschaft und Nachhaltigkeit

Auf dieser Grundlage machten wir uns Gedanken über unsere Ideen und die Frage, welche Lösungen unser Produkt für die Gesellschaft anbietet. Um unsere Ideen zu strukturieren und zu schärfen, erstellten wir eine Stakeholder Map, die zeigt, wer auf welche Art mit unserer Idee in Verbindung steht. Wer beispielsweise Unterstützerinnen, Kunden oder Konkurrenten sein könnten oder mit welchen staatlichen Institutionen potentiell kooperiert werden könnte. Beispielsweise wären für Aline sowohl Bühnen als auch freischaffende Performerinnen mögliche Kunden, wohingegen Agenten im Showbiz die Rolle der Gegenspielerinnen übernehmen. Anschließend erstellten wir ein Business Model Canvas, in dem es vor allem darum ging, was unser Unique Selling Point ist und wie wir uns schon von vorhandenen Angeboten unterscheiden. Wir konnten für unsere Ideen die Schlüsselaktivitäten und -ressourcen festlegen und mögliche entstehende Kosten ermitteln.

welche Lösungen bietet mein Produkt für die Gesellschaft.

Foto: Saskia Riedel

Mit Hilfe dieser zwei Maps stellten wir unsere Ideen in kleinen Teams immer wieder vor. Dadurch wurde recht schnell klar, welche Informationen wichtig für die Zuhörerinnen sind und wann sie angesprochen werden müssen. Wir halfen uns gegenseitig dabei, gedankliche Stolpersteine aus dem Weg zu räumen und durch das individuelle Wissen Tipps und inspirierende Ideen zur Weiterentwicklung zu geben. Dabei lernten wir uns besser kennen und sahen Überschneidungspunkte für mögliche Kooperationen im Zuge des OHMG#2 Kreativlabors. Denn das Projekt ist so ausgelegt, dass man sich zwar als Einzelperson bewerben kann, jedoch offen für eine Zusammenarbeit sein sollte. Dadurch können sich die Ideen zusammen entfalten und eventuell ein gemeinsames Produkt daraus entstehen.

Ideen sollen sich zusammen entfalten und zu einem gemeinsamen Produkt führen.

Am Sonntag gab uns Moritz einen Einblick darin, wie man ein Projekt sinnvoll pitcht: Das Problem beim Namen nennen, deine Lösung dazu und was die Magie dahinter ist. Erst danach kommen ökonomische Details, wie das Business Model oder wie die nächsten Schritte in Richtung Zukunft aussehen. Wir arbeiteten den ganzen Vormittag an unseren Final Pitches, die um 15 Uhr im Zuge einer öffentlichen Veranstaltung in der Bücherei des Goethe Instituts vorgestellt wurden. Linda und Moritz standen uns beratend zur Seite und gaben uns die Möglichkeit, den Pitch probeweise vorzutragen. Darüber hinaus konnten wir in Face-to-Face Gespräche mit Esther, der Institutsleitung, und Moritz offene Fragen zum Ablauf des OHMG#2 Programm klären oder persönliches Feedback zu unseren Ideen bekommen.

Foto: Saskia Riedel

 

Nun warten alle Teilnehmenden gespannt auf die Entscheidung der Jury, die in den nächsten Wochen tagen wird.

Ab 15 Uhr füllte sich dann die Bibliothek und wir hatten das letzte Mal an diesem Wochenende die Möglichkeit, unsere Projekte überzeugend vorzustellen. Währenddessen und danach war für uns alle ersichtlich, wie viel das Wochenende gebracht hat. Unsere vagen Ideen und Produkte konnten mit Hilfe von Moritz und Linda klar strukturiert und professionell präsentiert werden. In einer kleinen Abschiedsrunde wurden mögliche Kooperationen nochmal stärker ins Auge gefasst und Kontakte ausgetauscht. Nun warten alle Teilnehmenden gespannt auf die Entscheidung der Jury, die in den nächsten Wochen tagen wird. Voraussichtlich Ende November wird dann klar sein, wer die Gewinner-Teams der zweiten Ausgabe von „Oh my Goethe“ sind. Von Februar bis Juni 2020 werden sie Teil des deutsch-französischen Kreativlabors und beziehen den Coworking Space im zweiten Obergeschoss des Goethe Instituts Nancy. Wir sind gespannt.

Text: Saskia Riedel