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»Oh my Goethe« | Dock 11 Interview

Innovative Akteure aus der Kultur- und Kreativwirtschaft aus Deutschland und Frankreich zusammenführen, vernetzen und am Wissen und den Skills der anderen Teilnehmerinnen teilhaben lassen. Das will das Goethe Institut zusammen mit der Métropole du Grand Nancy und dem Institut français mit dem Kreativlabor »Oh my Goethe« erreichen. Dazu wird jeweils zwei kreativen Teams neben einem Stipendium von 10.000 € auch ein Büro in der Villa des Goethe Institut Nancy gestellt. Egal ob Studierende, Vereine, Selbstständige, Künstler, kleine bis mittlere Unternehmen, Angestellte, Mitglieder des Handwerks oder Arbeitssuchende: Das Programm richtet sich an alle Kreativschaffenden aus den Bereichen Musik, Buch, Kunst, Film, Rundfunk, darstellende Künste, Architektur, Design, Presse, Werbung sowie Software und Games. Der Rahmen des Kreativlabors ist absichtlich weit gefasst, damit die Stärken der sehr heterogenen Kreativszene in der Großregion voll genutzt werden. Ziel ist es auch, die deutsch-französische Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur-und Kreativwirtschaft zu intensivieren. Warum genau du dich für »Oh my Goethe« bewerben solltest und was du genau tun musst, um ausgewählt zu werden, erzählt uns die Leiterin des Goethe Instituts Nancy und Straßburg Esther Mikuszies im Dock 11 Interview.

»Oh my Goethe« | Dock 11 Interview 2

Oh my Goethe

Das Kreativlabor »Oh my Goethe«.

Dock 11: Hallo Esther, schön, dass du uns das deutsch-französische Kreativlabor »Oh My Goethe!« vorstellst. Das Projekt geht nun in die zweite Runde. Wie kam es denn zu dem Format, das ihr in Kooperation mit der Métropole du Grand Nancy und Unterstützung des Institut Français organisiert?

Esther: Wir haben vor einem Jahr damit begonnen, in den Räumen des Goethe Instituts in Nancy ein deutsch-französisches Kreativlabor aufzubauen. Wir wollten damit Kreative aus Deutschland und Frankreich zusammenbringen und ihnen einen Ort bieten, an dem sie an ihren Gründungsideen arbeiten können und Begleitung finden. Das Goethe Institut in Nancy befindet sich in einem sehr schönen und großen Gebäude mit Garten. Wir wollten die Räume unter dem Dach mit Leben füllen, was uns – wie ich finde – damit auch gelungen ist. Auf 100 m² Coworking Space mit zwei sehr großen Büros, die wir dann jeweils zwei deutsch-französischen Teams sechs Monate zur Verfügung stellen. Die beiden Teams erhalten außerdem ein Stipendium von jeweils 10.000 € von unseren Partnern, der Metropole du Grand Nancy.
Die Kreativen können sich dieses Jahr bis zum 25. September bewerben. Von allen Bewerbern werden wir dann 20 Kandidatinnen zur 2. Ausgabe unserer Cultural Entrepreneurship Academy Nancy (CEAN) vom 25. Oktober bis 27. Oktober einladen.

Ein Büro in einer Villa, Coachings und 10.000 € für deine Gründungsidee.

Dock 11: Was passiert dann auf der Cultural Entrepreneurship Academy Nancy?

Esther:Dort werden die Eingeladenen dann konkret an ihren Gründungsideen arbeiten. Wir konnten zwei Gründungsberater des Strascheg Centers for Entrepeneurship in München gewinnen, die den Workshop zwei Tage lang durchführen. Es gibt aber gleichzeitig auch den Kreativen die Möglichkeit, sich erstmal untereinander kennenzulernen und eventuelle Tandempartner zu finden. Denn auch wenn die Gründungsideen bei OHMG in Teams angegangen werden, kann man sich dennoch auch als als Einzelperson bewerben. Es entscheidet sich dann oft vor Ort: Gibt es da jemanden, mit dem ich mir vorstellen kann ein Team zu bilden? Das ist bei der letzten CEAN dann auch genau so gekommen: Eines der Teams bestand aus einer Grafikdesignerin und einem Architekten, die sich erst bei der CEAN kennen lernten.

Dock 11: Grafikdesigner, Architekten. Aus welchen Kreativsparten kam das Gros der Bewerber denn bislang?

Esther: Bei der ersten Ausgabe hatten wir überwiegend Bewerber aus dem Kulturbereich. Die Frage »Wie kann ich denn damit Geld verdienen?« beschäftigt viele Künstler und Kulturschaffende. Neben dem angesprochenen Duo, schaffte es letztes Jahr ein Festival-Verein namens Off Kultur, der Appartement-Konzerte in Nancy sowie musikalische Veranstaltungen an ungewöhnlichen Orten realisiert. Off Kultur möchte das perspektivisch auch in Deutschland organisieren. Nach der Anpassung des Konzepts und den Coachings werden nun erste Gehversuche auf deutschem Boden unternommen.

Gesucht werden Bewerber:innen, die ganz am Anfang stehen.

Dock 11: Die Kandidaten bewerben sich also wegen der Beratung und der Coachings?

Esther: Es gibt neben der – wirklich erstklassigen – Beratung ja auch das Stipendium von 10.000 €, sowie das geräumige Büro in unserem Haus in Nancy. Dafür wollen wir aber auch sehen, dass die Leute sich einbringen. Wir erwarten von den Teilnehmern, dass sie ihre Gründungsideen auch der Community präsentieren. Beispielsweise beim Deutsch-Französischen Dialog von Nancy, den die Metropole du Grand Nancy in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern in Nancy organisiert. Das schafft auch für die »Oh my Goethe«-Gewinnerteams eine große Öffentlichkeit und Sichtbarkeit für sich und ihre Gründungsvorhaben, gerade im deutsch-französischen Kontext.

Sprache darf kein unüberwindliches Hindernis sein.

Dock 11: Was für eine Idee hat denn gute Aussichten im Rahmen von »Oh my Goethe« ausgewählt zu werden? In welchem Stadium meines Gründungsvorhabens sollte ich denn sein, und was ist der thematische Rahmen, in dem sich das Ganze bewegen soll?

Esther: Wir zielen ganz speziell auf Bewerber, die noch am Anfang ihrer Gründung stehen. Also die sogenannten early stage Unternehmer statt Start-ups, die seit Jahren versuchen, sich auf dem Markt zu etablieren. Es geht um erste Gründungsideen, die noch in einer frühen Phase sind. Wir möchten Leute dazu motivieren und dabei unterstützen, ihre Idee bis zur Marktreife zu bringen. Es geht also viel darum, die Kreativen zu begleiten und zu vernetzen und ihnen Wissen mitzugeben. Thematisch sind wir daher auch nicht so limitiert. Es sind alle Sparten und Bereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft eingeladen mitzumachen. 

Das Goethe Institut steht in erster Linie für Kultur. Wir möchten dies nun auch mit unternehmerischen Denken verknüpfen.

Dock 11: Wie hat sich das letztes Jahr in den Bewerbungen niedergeschlagen? Gab es eine Branche die stärker vertreten war? Die Idee muss ja irgendeinen Kontakt zu deutsch-französischen Beziehungen haben, gibt es da in einigen Bereichen größere Potenziale als in anderen?

Esther: Wir hatten letztes Jahr viele Bewerbungen aus dem kulturwissenschaftlichen Bereich. Aber das ist keine Voraussetzung. Wir wollen wirklich alle Bereiche der KuK ansprechen. Wichtig ist uns, dass es sich um eine Gründungsidee und nicht um ein rein künstlerisches Projekt handelt. »Oh my Goethe« ist kein klassisches Residenzprogramm. Bei uns steht die Vermittlung von unternehmerischem Wissen im Vordergrund. Es ist außerdem wichtig, dass die Gründungsvorhaben der Bewerber eine deutsch-französische Komponente haben. Das kann zum Beispiel auch bedeuten, ein bereits existierendes Businessmodell ins Nachbarland zu exportieren. Die deutsch-französische Komponente kann auch während der CEAN verstärkt werden. Manch einer kommt mit einer guten Idee auf uns zu, trifft bei der CEAN einen möglichen Tandempartner und der cross border Aspekt der Idee entwickelt sich dann von ganz alleine.

OHMG richtet sich an alle Bereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft.

Dock 11: Eine zwar recht basale Frage, die aber sicherlich einigen unter den Nägeln brennt: Muss ich denn Französisch sprechen? 

Esther: Nicht unbedingt, die CEAN findet komplett auf englischer Sprache statt. Über diese Fragen haben wir uns sehr viele Gedanken gemacht. Wir haben uns dann aber dazu entschieden, das wir die unsere großen Events auf Englisch durchführen. Für das Alltagsleben in Nancy ist natürlich die Bereitschaft von Vorteil, sich auf die französische Sprache einzulassen. Wir bemühen uns auch darum, bei öffentlichen Präsentationen mit Übersetzern zusammenzuarbeiten. Es sollte also keine unüberwindbare Hürde sein, wenn man kein französisch oder deutsch spricht.

Oh my Goethe Abschlussfeier
Die Abschlussfeier von »Oh my Goethe« im Garten des Goethe Instituts in Nancy. Foto: Mathilde Dieudonné

Dock11: Den Arbeitsplatz innerhalb des Goethe Instituts Nancy kann ich 6 Monate lang nutzen? Gibt es Vorgaben was Präsenzzeiten angeht?

Die weltweit kleinste Stadt mit eigenem Goethe Institut.

Esther: Uns ist vor allem wichtig, dass die Leute bei uns vor Ort sind. Das heißt konkret, dass man drei bis vier Tage die Woche in unserem CoWorking Space arbeitet. Die Teams können dabei von der sehr guten Anbindung an das Team des Goethe-Instituts Nancy profitieren, das den Kreativen mit Rat und Tat zur Seite steht. Wir unterstützen natürlich auch bei der Vernetzung mit unseren Kulturpartnern in Ostfrankreich. Vor allem unsere Partner in Nancy zeigen ein großes Interesse an den Oh my Goethe!-Teams. Sie sind sehr offen auf die beiden Gewinner-Teams zugegangen und deren Potenziale stark wahrgenommen und genutzt. Nancy ist die kleinste Stadt der Welt, in der es überhaupt ein Goethe Institut gibt. Damit sind wir natürlich in unserer Community sehr stark vernetzt mit den politischen und städtischen Akteuren und der Kulturlandschaft in Nancy. Ob Theater, Kunstmuseum, Hochschule oder Oper – Nancy ist ein toller Ort, um in einem kreativen Umfeld zu arbeiten.

Ganz nah dran an einem riesigen Netzwerk.

Dock 11:  »Oh my Goethe« geht nun in die zweite Runde. Was habt ihr als Organisatoren denn bei der Ausrichtung der ersten Runde für euch gelernt? Wie lasst ihr eure Erfahrungen in diese Ausgabe einfließen?

Esther: Wir wollen im Rahmen der CEAN dieses Jahr etwas Neues ausprobieren. Der letzte Ansatz basierte stark auf Design Thinking: Wie komm ich von meiner ersten Idee bis zur Marktreife meines Produktes? Dieses mal werden wir konkreter an den Gründungsvorhaben der Einzelnen arbeiten und uns mehr mit Business Modelling beschäftigen. Langfristig möchten wir das Goethe-Institut Nancy zu einer zentralen Plattform für Akteure der deutsch-französischen Kreativwirtschaft ausbauen. Es wird also einiges passieren. Hoffentlich auch zusammen mit Akteuren in Deutschland, wie euch von Dock 11!

Dock 11: Das würde uns natürlich freuen. Danke für das nette Gespräch Esther! Wir drücken die Daumen, dass sich möglichst viele Menschen mit ihren Ideen bei euch bewerben.

Alle Infos und die Bewerbungsmodalitäten zu »Oh my Goethe« findest du hier!

Matthias Schmitt