PixxelCult: Call for Entries
Der 2015 gegründete Verein PixxelCult hat mit seiner virtuellen Sammlung ein einzigartiges Forum für künstlerisch anspruchsvolle Foto-Serien im Dokumentarstil geschaffen. Was sich genau hinter dem Projekt verbirgt und warum ihr euch unbedingt bewerben solltet, verrät uns der Vorsitzende des Vereins, Thomas Roessler im Gespräch.
Dock 11: Hallo Thomas, schön, dass du dir Zeit nimmst, unsere Fragen rund um euren Verein PixxelCult zu beantworten! Kannst du uns erzählen, was die Idee hinter der Gründung von Pixxelcult war?
Thomas: PixxelCult ist zunächst mal ein Bildarchiv. Die Idee ist also nicht ganz neu. Archive für Fotografie gibt es ja schon länger, als Sammlungen in Museen oder Archiven der öffentlichen Hand oder als Bildarchive von Agenturen, wie z.B. Magnum. Das wichtigste Vorbild für PixxelCult war das Pixelprojekt Ruhrgebiet, das 2003 auf Initiative von Fotografen und Fotografinnen gegründet wurde. Anders als Magnum oder Ostkreuz verfolgen Pixelprojekt Ruhrgebiet und PixxelCult keine kommerziellen Interessen. Beiden Projekten geht es darum, herausragende fotografische Arbeiten ungeachtet ihrer Verwertbarkeit auf einer Internet-Seite sichtbar zu machen und zu bewahren. Wir sind übrigens ein eingetragener Verein und mit unseren Aktivitäten für die Fotografie als gemeinnützig anerkannt.
Insbesondere seitdem das Medium digital geworden ist, haben fotografische Bilder oft eine sehr kurze Verfallszeit. Gerade serielle fotografische Arbeiten, die oft mit viel Mühe über längere Zeiträume realisiert werden, sollten aber sichtbar bleiben – als Teil unseres gemeinsamen Bildgedächtnisses. PixxelCult geht in einem Punkt über sein Vorbild, das Pixelprojekt Ruhrgebiet hinaus: Wir arbeiten und sammeln grenzüberschreitend, das heißt wir wollen qualitativ hervorragende dokumentarische Fotoserien der Großregion sammeln und die Autor*innen dieser Bilder über die nationalen und sprachlichen Grenzen hinweg vernetzen.
Das Besondere an PixxelCult ist die grenzüberschreitende Präsentation herausragender fotografischer Arbeiten
Dock 11: Warum braucht die Großregion deiner Meinung nach ein digitales Fotoarchiv?
Thomas: Die Großregion ist – wie übrigens auch jeder Nationalstaat – ein Konstrukt. Allerdings ein sehr junges und ungewohntes Konstrukt. Nationale – schlimmstenfalls nationalistische – Perspektiven bestimmen aber immer noch ein Stück weit unsere Wahrnehmung. Dass die nationalen Grenzen immer noch in den Köpfen existierten, hört man gelegentlich. Ein Bildarchiv, das ganz unterschiedliche Positionen von Fotograf*innen aus Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz und der belgischen Wallonie (inklusive der deutschsprachigen Gemeinschaft) versammelt, lädt natürlich zum Vergleich und zum Austausch über unterschiedliche Haltungen und Bildsprachen ein. Wir repräsentieren in unserer Sammlung lebende, arbeitende Fotograf*innen, mit denen und deren Publikum wollen wir wir den Gedankenaustausch auch außerhalb des Internets intensivieren. Die Pandemie bremst uns momentan gewaltig, aber wir planen für 2021 grenzüberschreitende Kooperationen, wo wir den Gedankenaustausch dann hoffentlich auch in die reale Welt holen werden.
Zu der Frage, warum die Großregion ein digitales Fotoarchiv brauche: Ich denke, sie bräuchte eigentlich noch mehr: einen Ort der kontinuierlichen öffentlichen Debatte über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dazu möchte PixxelCult e.V. seinen Beitrag leisten.
Dock 11: Warum sollten sich Fotograf*innen der Großregion für euren Aufruf bewerben?
Dauerhafte Sichtbarkeit in einem qualitativ anspruchsvollen Umfeld
Thomas: Im Archiv von PixxelCult mit einer Serie vertreten zu sein, ist eine Auszeichnung. Die Jury, bestehend aus Kurator*innen, Galerist*innen und Hochschullehrer*innen aus allen Teilregionen ist ziemlich streng und lehnt bei jeder ihrer alle zwei Jahre stattfindenden Sitzungen den größeren Teil der eingereichten Arbeiten ab. Ernsthaft arbeitende Fotograf*innen haben gute Gründe sich zu bewerben, denn sie machen immer wieder die Erfahrung, dass ihre Arbeiten in der Öffentlichkeit nur sehr kurzfristig wahrgenommen werden. Viele großartige Serien führen ein »Schattendasein« auf den Festplatten oder in den Schubladen ihrer Autor*innen. Die Hürden, ein monographisches Buch realisieren zu können sind relativ hoch, da bietet unser Online-Archiv eine gute Möglichkeit, in einem qualitativ anspruchsvollen Umfeld sichtbar zu bleiben. Falls sich Interessenten für die Nutzung bestimmter Bilder oder Serien melden, stellt unser Verein gerne den Kontakt her.
Dock 11: Nach welchen Kriterien trifft die Jury ihre Entscheidungen?
Aus gutem Grund bin ich nicht Mitglied der Jury, aber wir sprechen natürlich auch über die Auswahlkriterien. Grob unterteilt sind das zweierlei Kriterien: erstens künstlerische Kriterien, also eine angemessene, vielleicht sogar individuelle Bildsprache, die formale Schlüssigkeit einer Serie, die gute Komposition der Einzelbilder im Sinne von Licht- und Farbgestaltung oder Aufteilung des Bildraumes. Zweitens inhaltliche Kriterien: hat das Thema eine gesellschaftliche Relevanz, repräsentiert es einen Aspekt des Zeitgeistes? Nimmt der Fotograf oder die Fotografin eine erkennbare Haltung zu seinem Thema ein? Diese Kriterienliste könnte den Anschein erwecken, als würden die Jury-Mitglieder nach ziemlich objektiven Maßstäben urteilen – aber in der Realität gibt es durchaus ernste Debatten und manchmal weit auseinandergehende Bewertungen. Die Jury macht sich übrigens, wenn sie es nötig findet, die Mühe, den Autor*innen konkrete Kürzungen vorzuschlagen. Das kann unter Umständen bedeuten, dass – mit dem Einverständnis des Fotografen bzw. der Fotografin – von einer eingereichten 60-teiligen Serie nur eine Kurzfassung mit 40 Einzelbildern ins Archiv aufgenommen wird.
Sowohl künstlerische als auch inhaltliche Kriterien sind bei der Jury-Beurteilung relevant
Dock 11: Welchen Benefit erwartet die nominierten Künstler*innen?
Thomas: Wie bereits erwähnt, ist die Aufnahme in unser Archiv eine Auszeichnung. Wir wollen nach der Jury-Entscheidung, die alle zwei Jahre getroffen wird, die neu aufgenommenen Serien in einer Ausstellung zeigen. Dieses Jahr musste dieses »Fest für die Fotografie« leider wegen der Pandemie ausfallen. Das haben wir sehr bedauert, denn unsere Vereinsmitglieder hatten viel Herzblut in die Vorbereitung investiert. Nächstes Jahr im Mai wollen wir das Fest und die Ausstellung im Saarbrücker Pingusson-Bau nachholen. Die Vorbereitungen laufen bereits; wir werden wohl einen prominenten Festredner und tolle Musik haben… Für die beteiligten, ausgestellten Fotografen, eine schöne Gelegenheit, Kontakte auch über die Grenzen zu knüpfen und die eigene Arbeit einem überregionalen Publikum zu zeigen.
Dock 11: Wie kann PixxelCult zur Stärkung der Selbstwahrnehmung und der Identität der Bewohner*innen der Großregion beitragen?
Ein Beitrag zu mehr Neugier auf die Großregion
Thomas: Unsere Großregion verbindet Gebiete, die über Generationen durch Feindschaft und Vorurteile voneinander getrennt waren. Dank der politischen und kulturellen Annäherung rücken heutzutage die Gemeinsamkeiten der Teilregionen mehr in den Blickpunkt — natürlich auch die Probleme, die man gemeinsam zu bewältigen hat. Als ein Beispiel nenne ich die rasante Veränderungen der Landschaft und der sozialen Bedingungen durch die wirtschaftliche Entwicklung. Fotografie ist ein hervorragendes Medium, solche Veränderungen zu registrieren und über längere Zeitabschnitte zu beobachten. Sich mit derartigen dokumentarischen Fotoserien zu beschäftigen, kann dazu beitragen, klarer zu sehen, wie globale Prozesse überall in der Großregion ähnliche sichtbare Spuren hinterlassen. Vielleicht leisten wir auch einfach einen Beitrag zu mehr Neugier auf die benachbarten Regionen, das fände ich schon großartig.
Dock 11: Danke Thomas, dass du uns euren grenzüberschreitenden Verein PixxelCult so detailreich vorgestellt hast!
Ihr könnt eure dokumentarischen Foto-Serien, die in der Großregion entstanden sein müssen, noch bis zum 25. November 2020 einreichen. Alle weiteren Details zum Bewerbungsprozess und über den Verein findet ihr auf der Homepage von PixxelCult.
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