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Best Practice

Take Five!

»Take Five« ist nicht nur einer DER Jazz-Klassiker, sondern auch ein Kollektiv aus angehenden Architekten aus dem Saarland. Aus der Zusammenarbeit an einem Wettbewerb bildete sich der Wunsch, auch in Zukunft gemeinsame Projekte zu realisieren. Innerhalb ihrer Kollektivstruktur in Saarbrücken arbeiten die vier Architekturstudenten gemeinsam in Teams an Projekten in den Bereichen Wettbewerb, Design, Möbeldesign, Visualisierung, Ausstellung oder Bestand. Wir sprachen mit Felix Ferwanger unter anderem über kollektives Arbeiten, Potentiale von Leerständen und mögliche Arbeitsfelder von Architekt:innen im Studium.

Take Five! 1

Dock 11: Hallo Felix, schön dass du uns heute ein paar Fragen zu Take Five beantwortest! Take Five ist ein Kollektiv aus jungen, angehenden Architekten. Könnt ihr uns erzählen, wer ihr seid? Wie habt ihr euch zusammengefunden?

Felix: Hallo! Ja genau. Wir haben uns während des Studiums kennengelernt und da wir alle am selben Campus studieren, haben wir dort auch oft zusammen an Projekten gearbeitet und viele Nächte gemeinsam durchgemacht. Dass wir auf arbeitsphilosophischer Ebene einige gemeinsame Nenner haben, einte uns schon in der Hochschule zu einer Art Arbeitsgruppe. Das hat immer sehr viel Spaß gemacht und uns dazu ermutigt, auch außerhalb der Hochschule an Projekten zu arbeiten.

Dock 11: Wie kam es zur Idee der Kollektivgründung?

Die Referenz kommt aus der Jazzmusik und passte irgendwie zu unserer Haltung.

Felix: Die Idee mit dem Kollektiv kam uns als wir abends zusammen am Küchentisch saßen, Wein tranken und den Entschluss fassten, zusammen an einem offenen Wettbewerb teilzunehmen. Nur ein paar Tage später hatten wir bereits ein leerstehendes Ladenlokal zu einem temporären Arbeitsraum umgenutzt und unserem Team einen Namen gegeben: »Take Five« sollte es heißen. Die Referenz kommt aus der Jazzmusik und passte irgendwie zu unserer Haltung. Und da wir untereinander eine flache hierarchische Struktur bevorzugen, wurde das Thema Kollektiv sehr spannend für uns. Den ersten Kontakt zu Architektur-Kollektiven hatten wir bereits während verschiedener Vorträge an der Hochschule und uns hat die Arbeitsweise, die Energie die in so jungen Teams steckt und deren Unabhängigkeit sehr gefallen. Damit war also schon vor der Gründung der Grundstein des Kollektivs gelegt.

Dock 11: Welche Vorteile und Möglichkeiten seht ihr in kollektivem Arbeiten?

Felix: Was uns immer wieder positiv auffällt ist, dass wir uns sehr gut gegenseitig ergänzen. So sind manche von uns stärker, wenn es beispielsweise um Konstruktionen geht, andere bringen ein gutes entwerferisches Können mit. Gerade in der heutigen Zeit des digitalen Arbeitens braucht man ein breites Spektrum an Fähigkeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. So spielen neben reiner Architektur auch beispielsweise Grafikdesign und  Visualisierungen eine wichtige Rolle. Da sehe ich einen sehr großen Vorteil des Kollektivs, weil jeder von uns andere Skills mitbringt und wir damit eine gute Basis haben. Ein anderer großer Vorteil liegt darin, Entscheidungen gemeinsam treffen zu können bzw. zu müssen. Jeder hat das gleiche Stimmrecht, und so wird nichts über den Kopf eines anderen entschieden.

In der heutigen Zeit des digitalen Arbeitens braucht man ein breites Spektrum an Fähigkeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Dock 11: Noch könnt ihr ja nicht offiziell als Architekten arbeiten. In welchen Bereichen und Arbeitsfeldern bewegt ihr euch stattdessen?

Felix: Aktuell sehen wir uns als eine Art Konzeptwerkstatt, Coworking-Space und Plattform für kreativen Austausch. Wir entwickeln gemeinsam mit den Auftraggeber:innen Ideen und Konzepte und bewegen uns in einem entwerferischen Bereich. Wir fertigen auch Machbarkeitsstudien an, welche wir z.B. auf unserer Website veröffentlichen. In den letzten Monaten hatten wir auch mehrere Veranstaltungen in unserem Atelier, auf welchen lokale Künstler:innen ihre Werke ausstellen konnten. Alles in Allem wollen wir uns da keine Grenzen setzen und strecken unsere Fühler in alle Richtungen aus.

Dock 11: Bundesweit, also auch im Saarland, nimmt der Leerstand zu, insbesondere im ländlichen Raum. Welche neuen und unkonventionellen Ideen oder Konzepte habt ihr, um die vorhandene Bausubstanz und damit auch das Dorfleben wieder zu attraktivieren?

Felix: Ich denke da können wir ganz gut unser Atelier als Beispiel nennen, welches wir in einen Leerstand integriert haben. Für solche Leerstände eignen sich z.B. temporäre Nutzungen, Pop-Up-Konzepte. Für die Leerstände im ländlichen Raum ist es schwierig eine Pauschallösung zu nennen, da jede Gemeinde unterschiedlich damit umgeht. Am besten wäre es, den leerstehenden Bestand zum Wohnraum umzunutzen oder ehemalige Wohnräume zu reaktivieren, da immer mehr Menschen auf den ländlichen Raum ausweichen müssen, weil in den Städten der Wohnraum knapper und teurer wird. Das ist auch ein Appell daran, in der Baubranche nachhaltiger mit diesen Ressourcen umzugehen.

Ein Appell, in der Baubranche nachhaltiger mit diesen Ressourcen umzugehen.

Dock 11: Auch in Großstädten wird das Thema Leerstand seit Corona deutlich mehr thematisiert. Was haltet ihr vom klassischen Konzept »Innenstadt«? Wie sieht für euch die Zukunft der Innenstadt aus?

Felix: Aktuell ist das klassische Bild der Innenstädte geprägt von viel Verkehr, engen Wohnräumen, Lärm und schlechter Luft. Das hat man ja in der Pandemie deutlich gemerkt, gerade zu der Zeit als die Ausgangssperren verhängt wurden. Ich denke in Zukunft werden sich die Städte immer mehr in autofreie Zonen entwickeln, von Parks und Grünstreifen durchzogen sein um eine nachhaltige Naherholung zu gewährleisten und einen großen Sprung in Richtung Urban Gardening gemacht haben. Diese Maßnahmen werden gerade die Innenstädte stark entlasten und somit einen attraktiveren Lebensraum schaffen.

Dock 11: A propos Innenstadt: euer Arbeitsraum liegt zentral in Saarbrücken an der Berliner Promenade. Inwieweit seht ihr euch auch als Anlaufstelle für andere junge Architekt:innen und Student:innen anderer Fachrichtungen? Kann man bei euch vorbeischauen und arbeiten, wie in einem Coworking-Space?

Für uns ist dabei wichtig, dass durch das Zusammenarbeiten im Atelier ein reger Austausch angeregt wird.

Felix: Bei uns zu Besuch ist natürlich jede und jeder willkommen, allerdings haben wir schon die meisten Arbeitsplätze vergeben. Für uns ist dabei wichtig, dass durch das Zusammenarbeiten im Atelier ein reger Austausch angeregt wird. Voraussetzung dafür ist mehr oder weniger eine kreative Fachrichtung, da wir im Atelier viel am Werkeln, Zeichnen und Diskutieren sind.

Dock 11: Wie wichtig ist Eigeninitiative während des Studiums für den beruflichen Einstieg in der Architekturbranche? Habt ihr hierfür Tipps für Studierende eurer Fachrichtung (und darüber hinaus)?

Felix: Ich glaube, Eigeninitiative ist in diesem Berufsfeld – sowie in vielen anderen – immer von Vorteil, aber auch kein muss. Es gibt bestimmt viele gute Wege, um erfolgreich in der Beruf zu starten. Ich würde mich tendenziell immer mit Kolleg:innen zusammentun, die ähnliche Visionen und Interessen haben. So hat man gute Chancen, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Für diesen Weg haben wir uns entschieden, und wir werden sehen ob er richtig ist oder nicht. Es bleibt spannend.

Dock 11: Danke, dass du dir Zeit genommen hast!