Was geht mit der Kreislaufwirtschaft?
Wir reißen zu viel ab, werfen zu viel weg und vor allem nutzen wir die wertvollen Ressourcen meist kein zweites Mal. Über Gegenmittel zu diesem miesen Trend sprachen wir bei Content und Cremant Vol. 24.
Unsere Welt ist nur zu 9 % zirkulär und der Trend ist negativ. Zu diesem Urteil kommt der Circularity Gap Report 2023 – eine Studie der Circularity Gap Reporting Initiative. In einer Zeit, in der es nur noch eine Glaubensfrage ist, ob wir so weitermachen können, weil die Fakten ein klares NEIN aussprechen, ist das viel zu wenig. Aber was tun?
Wir sprachen auf der Bühne von Content und Cremant Ende September mit drei Expert:innen, die sich dem entgegenstellen oder vielmehr vorangehen. Hier hört ihr die Aufnahme dieses Talks, den Isabel Sonnabend moderierte.
Auf der Bühne saßen dieses Mal die Künstlerin Mona Steinhäußer, der Architekt und Wissenschaftler Frederik Ehling und Pascal Becher, Initiator und Mitbegründer eines Kollektivs, das sich dem Recycling von Plastik verschrieben hat.
Weitere Infos und Links
Mona Steinhäußer lebte sieben Jahre in den Niederlanden. Dort studierte sie in Maastricht Mode an der Faculty of Arts und in Amsterdam angewandte Kunst an der Gerrit Rietveld Academy. Sich selbst bezeichnet sie als interdisziplinäre Künstlerin und Creative Strategist. Mit ihren Arbeiten erforscht sie die Auswirkungen von Konsum und Globalisierung auf unsere Werte, um dann Bewusstseinswandel in der Gesellschaft zu fördern, hin zu nachhaltigeren Lebens- und Wirtschaftsmodellen. Als Gründungsmitglied der Ikigo Studios GmbH (2020) führte sie neue Formen des Kreislaufhandels im Modebereich ein. Aktuell liegt ihr Fokus auf dem »Sustainability Gym«, mit dem sie die Rolle der künstlerischen Haltung im wirtschaftlichen Systemwandel untersucht und sich für das Trainieren einer wertebasierten Entwicklung einsetzt.
Frederik Ehling ist gleichermaßen Architekt und Wissenschaftler. Als Partner bei DGJ Architektur und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Entwerfen und Nachhaltiges Bauen der Universität Kassel forscht er und entwickelt Wohnkonzepte, die auf Gemeinschaften und Zirkularität bauen. Seine Forschungsprojekte beschäftigen sich beispielsweise mit reversiblen Voll-Holz-Verbindungen. Die Erkenntnisse wendet er dann in Projekten wie dem Studierendenwohnheim Collegium Academicum in Heidelberg oder Wohnprojekten in Frankfurt und Mannheim an.
Hier findest du die Plattform Madaster, von der Frederik spricht.
Pascal Becher ist Mitinitiator und Gründer der Plastikfabrik. Dieses interdisziplinäre Kreativkollektiv, das seinen Sitz in Saarbrücken hat, besteht aktuell aus aus Designer:innen, Forscher:innen, Aktivist:innen und Künstler:innen. Das Team sammelt Plastik ein , den es in der Welt so findet, zerlegt es und und fertigt daraus dann neue, kreislauffähige Produkte. In Workshops vermittelt das Kollektiv Menschen, wie das Plastikrecycling funktioniert um sie anzuregen, eigene Plastikfabriken zu gründen. Plastikfabrik wird gefördert vom Circular Futures Programm, ist Stipendiat des Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie und Gewinner des Kreativsonars 2023.
Plastikfabrik auf Instagram: https://www.instagram.com/plastikfabrik/
Precious Plastik im Web und auf Instagram
Isabel Sonnabend moderierte den Talk zu Content & Crémant Vol. 24. Sie hat Journalistik und Politik in Dortmund, Bochum und Madrid studiert. Sie hat zehn Jahre beim Saarländischen Rundfunk als Moderatorin und Reporterin gearbeitet und ist gerade als freie Moderatorin und Autorin im Land unterwegs.
Isabel Sonnabend im Web und auf Instagram
Mehr Infos zur Gebäudeklasse E:
Aktuelle Berichterstattung zum Thema:
“Wir reißen zu viel ab” (ntv 28.9.2023)
Begriffserläuterungen zum Thema Kreiaslaufwirtschaft und Nachhaltigkeit
Was bedeutet Urban Mining?
Der Begriff Urban Mining bezieht sich auf den Ansatz, wertvolle Materialien aus gebrauchten und konstruierten Objekten wie elektronischen Geräten, Autos und Gebäuden zurückzugewinnen. Das Ziel besteht darin, Materialien auf bestmögliche Weise wiederzuverwenden, um so eine Art ‚Bergbau‘ innerhalb von Städten zu ermöglichen, ohne neue natürliche Ressourcen anzugreifen. Es kann als erweiterte Form des Recyclings betrachtet werden, die aber weit über das herkömmliche Konzept der Abfallverwertung hinausgeht.
Was bedeutet Kreislaufwirtschaft?
Die Idee der Kreislaufwirtschaft besteht darin, Ressourcen länger und effizienter zu nutzen, um Abfall und Umweltverschmutzung zu vermeiden. So werden weniger natürliche Rohstoffe benötigt und durch verbesserte Produktionsprozesse entstehen weniger Treibhausgase. Entscheidend ist, dass die Ressourcen so lange wie möglich im Materialkreislauf gehalten werden, mit dem Ziel, eine möglichst hohe Wertigkeit zu erhalten. Damit geht der Ansatz der Kreislaufwirtschaft sehr viel weiter, als das Konzept des Recyclings.
Was bedeutet Upcycling?
Der Begriff Upcycling bezieht auf die kreative Wiederverwendung von Abfallmaterialien, ohne sie zuvor in ihre Grundbestandteile zu zerlegen, wie es Teil des Recyclings ist. Bei diesem Prozess wird der ursprüngliche Abfall zur Herstellung eines neuen Gegenstands oder Produkts verwendet, ohne dass eine weitere Verarbeitung oder chemische Umwandlung notwendig ist. Ein Beispiel für Upcycling wäre die Verwendung alter Autoreifen zur Herstellung von Gartenmöbeln oder die Umwandlung von leeren Konservendosen in dekorative Pflanzgefäße.
Was bedeutet Cradle to Cradle?
Das Designkonzept Cradle to Cradle (von der Wiege bis zur Wiege) strebt an, Produkte und Materialien in geschlossenen Kreisläufen zu gestalten. Es berücksichtigt Gesundheit und Umweltverträglichkeit sowohl während der Herstellung als auch bei der Entsorgung. Materialien werden in biologische oder technische Stoffkreisläufe zurückgeführt, entweder als Nährstoffe für die Natur oder als technische Materialien für die Industrie. Damit sollen Abfälle vermieden und eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen ermöglicht werden. C2C fördert also eine kreislauforientierte und regenerative Wirtschaft.