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»Zukunft schreiben« – Wie KI Schreibprozesse und Storytelling revolutioniert

Das Filmfestival Max Ophüls Preis bietet im Rahmen seines Branchenprogramms MOP-Industry eine Gelegenheit für Debüt- und Nachwuchsfilmemacher:innen sowie Expert:innen der Filmbranche zum Austausch. 2024 taucht auch Dock 11 mit zwei  Veranstaltungen zum Thema »Zukunft Schreiben« im Fachbesucher:innenprogramm auf und bietet damit auch erstmals Kreativschaffenden ohne Akkreditierung die Möglichkeit, an Events von MOP-Industry teilzunehmen. 

»Zukunft schreiben« – Wie KI Schreibprozesse und Storytelling revolutioniert 1

Am 27. Januar 2024 führt Oliver Schütte in das Thema “Zukunft Schreiben” ein. In einer Keynote erfahren Interessierte, welche Rolle KI für die Gestaltung kreativer Prozesse und Ideenfindung in Zukunft übernehmen kann und welche Auswirkungen insbesondere die schreibende Zunft erwarten sollte. Im anschließenden Workshop wird die konkrete Nutzung von KI-Tools für verschiedene Aspekte der Stoffentwicklung vermittelt. Neben diesen praktischen Skills sollte die Teilnahme als Möglichkeit verstanden werden, mit Akteuren der Filmbranche in Austausch zu treten und damit eure Netzwerke zu erweitern. 
Wir sprachen im Vorfeld mit Oliver Schütte, damit ihr euch einen besseren Eindruck von den Veranstaltungen machen könnt.


Dock 11: Hallo Oliver, danke, dass du dir die Zeit nimmst, damit wir uns vorab ein Bild davon machen können, was uns bei unseren beiden Events im Rahmen von MOP Industry erwartet. Wir werden uns ja mit der Rolle von KI-Tools im kreativen Schreibprozess beschäftigen. Welche unmittelbaren Vorteile können Autoren und Autorinnen aus deiner Erfahrung hier erwarten? Wo liegen vielleicht auch Unterschiede zu den zu erwartenden Verwerfungen anderer Teilmärkte der Kreativwirtschaft?

Oliver Schütte: KI-Tools im kreativen Schreibprozess bieten Vorteile wie Ideengenerierung und Effizienzsteigerung. Sie ermöglichen z.B. das Überwinden von Schreibblockaden durch inspirierende Vorschläge. Noch ist nicht abzusehen, wie sich der Einsatz von KI in den Kreativbereichen auswirken wird. Bisher können die Modelle aber die Schreibenden nicht ersetzen. Insofern wird es in unserem Bereich in naher Zukunft nicht dazu kommen, dass die Menschen hier durch den Algorithmus ausgetauscht werden. 

Dock 11: Wir werden uns im Workshop auch ganz konkret den Umgang mit einigen Tools ansehen. Inwieweit können solche Anwendungen wie bspw. Perplexity oder Sudowrite den Schreibprozess konkret unterstützen? Begrenzt sich das in erster Linie auf Ideenfindung, erstes Character Design, World Building oder sind die Tools sogar noch leistungsfähiger als das?

Wir werden den gesamten Prozess der Stoffentwicklung nachbilden

Oliver Schüttte

Oliver Schütte: Im Workshop werden wir die konkrete Anwendung von sehr vielen Tools erforschen. Diese bieten umfassendere Hilfestellungen. Sie können dabei helfen, komplexe Handlungsbögen zu entwerfen, konsistente und ansprechende Dialoge zu entwickeln und die narrative Struktur zu verbessern. Darüber hinaus ermöglichen sie Experimente mit verschiedenen Erzählformen und Perspektiven, was zu einer Erweiterung des kreativen Repertoires führt. Diese Tools gehen somit weit über einfache Schreibhilfen hinaus und bieten eine umfassende Unterstützung, die Autoren dabei hilft, ihre Geschichten auf innovative Weise zu erzählen und zu verfeinern. Diese Tools sind somit leistungsfähiger und vielseitiger, als es auf den ersten Blick scheint, und bereichern den gesamten Schreibprozess. 

Dock 11: Während des Workshops am 27.01. werden die Teilnehmenden die Chance haben, direkt mit den Tools zu arbeiten. Welche praktischen Skills und Kenntnisse kann man sich in einem solchen Format aneignen, die man zeitnah in seine Arbeit integrieren kann?

Oliver Schütte: Wir werden den gesamten Prozess der Stoffentwicklung nachbilden. Vom Brainstorming mit der KI bis zur Titelfindung. Alles ist sofort anwendbar und kann in die tägliche Arbeit integriert werden. Teilnehmende lernen, wie man KI effektiv für kreatives Schreiben nutzt, beispielsweise für das Verfassen von Dialogen, die Entwicklung von Figuren und das Ausarbeiten von Handlungssträngen. Sie erwerben Fähigkeiten im Umgang mit diesen Tools, um ihre Schreibprozesse zu optimieren, und entdecken, wie man die Balance zwischen menschlicher Kreativität und maschineller Unterstützung findet, um originelle und ansprechende Werke zu schaffen. 

KI als Erweiterung des kreativen Repertoires

Oliver Schütte



Dock 11: Angesichts der jüngsten Proteste von Autor:innen in den USA stellen sich in diesem Kontext auch Fragen zu gerechter Entlohnung und gesellschaftlicher Verantwortung. Denkst du, die Integration von KI-Tools in kreative Prozesse kann nachhaltig fair gestaltet werden? Oder werden diese technischen Errungenschaften nur dazu dienen, Effizienz zu steigern und Kosten für potentielle Auftraggeber:innen zu senken?

Oliver Schütte: Wir haben in Deutschland keine gewerkschaftliche Organisation der Autorenschaft, wie sie in den USA vorhanden ist. Wir können unsere Forderungen also nicht durch einen Streik durchsetzen. Aber es ist auch hierzulande sehr wichtig, dass die Entwicklung nicht zu Lasten der Schreibenden geht. Denn wir sitzen letztendlich alle in einem Boot. Alle brauchen die Energie und die Ideen der Kreativen. Diese nun leichtfertig durch eine KI zu ersetzen kann nicht zielführend sein. Wir müssen also zuerst einmal ein Selbstverständnis entwickeln und dann die anderen in der Branche mitnehmen.  

Solche Interaktionen während eines Filmfestivals können berufliche Türen öffnen

Oliver Schüttte

Dock 11: Die beiden Events mit dir finden ja im Rahmen der Branchenevents MOP Industry statt. Wie wertvoll ist der Austausch zwischen Autor:innen ohne Kontakte zur Filmindustrie und Drehbuchschreiber:innen sowie Filmindustrie-Expert:innen, basierend auf deiner Erfahrung?  Wie kann ein solcher Austausch während des Filmfestivals die beruflichen Möglichkeiten für beide Seiten erweitern?

Oliver Schütte: Der Austausch ist enorm wertvoll. Er bietet frische Perspektiven und ermöglicht das Knüpfen wichtiger Kontakte. Solche Interaktionen während eines Filmfestivals können berufliche Türen öffnen, indem sie neue Kooperationsmöglichkeiten und Einblicke in Branchentrends bieten Für beide Seiten entstehen dadurch Chancen auf kreative Partnerschaften und erweiterte berufliche Netzwerke.


Dock 11: Lieber Oliver, vielen Dank für deine Zeit. Wir freuen uns, am 27.01. mehr von dir zu diesem packenden Thema zu hören. 

Zur Person Oliver Schütte

Oliver Schütte ist Spezialist für das Erzählen von Geschichten. Arbeitet seit 1986 als Autor für Film und Fernsehen und seit 1990 als Dramaturg. Für sein erstes Drehbuch „Koan“ erhielt er 1988 den Deutschen Drehbuchpreis. 1995 gründete er die Weiterbildungsinstitution Master School Drehbuch, die er bis Ende 2008 geleitet hat. Im Jahr 1995 beginnt auch seine umfangreiche Lehrtätigkeit im In- und Ausland. 2013 gründete er die Filmproduktion tellfilm Deutschland mit Sitz in Berlin. 

Heute ist er als Dramaturg, Dozent an internationalen Filmhochschulen, Publizist und als Produzent tätig.  Er ist Autor von „Die Kunst des Drehbuchlesens“ (4. Auflage) und „Schau mir in die Augen, Kleines“ (4. Auflage). Im Jahr 2019 erschien „Die Netflix Revolution“ und in 2022 „Die Kunst der Drehbuchentwicklung“. Im Jahr 2015 wurde sein erster Roman „Die Rote Burg“ und im Jahr 2019 „Tödlicher Schnitt“ veröffentlicht.  Im November 2023 erschien sein Buch „Zukunft Schreiben“, das sich mit der kreativen künstlichen Intelligenz beschäftigt.

Weitere News rund um die Kultur- und Kreativwirtschaft findet ihr wie immer in unserem Magazin.